#Selbstliebe
Liebe ist ein Thema, das mir in letzter Zeit an vielen Ecken immer wieder und wieder begegnet. Vielleicht ist es ein bisschen so wie mit allen anderen Dingen… wenn man etwas einmal auf dem Radar hat, sieht man es plötzlich überall. Hm.
Jedenfalls ist es ein so universelles Thema, dass es natürlich dazu immer Gedanken, Gespräche, Gedichte, Beiträge, Diskussionen, Bücher, Filme und Dokumentationen…. - und ja, auch Tees – gegeben
hat und geben wird. Dazu gehören ganz unterschiedliche Formen der Liebe, die erotische Liebe, Liebesbeziehungen, die Kunst des Liebens, Nächstenliebe, spirituelle Liebe, Selbstliebe, die Liebe
zum Leben oder auch die Liebe mit der jede Person das eigene Berufs- und Privatleben gestaltet.
Ich finde das Thema Liebe in all seinen Facetten ziemlich spannend und wünsche es allen Menschen im Laufe ihrer Entwicklung, dass sie sich mit diesen Themen ein wenig auseinandersetzen. Sich
selbst lieben, um sich besser kennen zu lernen. Ja, vielleicht sollte es sogar ein Schulfach zum Thema Liebe geben! Denn nichts ist so essenziell für uns Menschen, nach nichts sind wir so
bedürftig, als – im Grunde aller großen Fragen – nach der Liebe. Und nichts anderes leitet unser Handeln und Streben so sehr an.
Erich Fromm hat in meinen Augen völlig recht, wenn er davon ausgeht, „daß Lieben eine Kunst ist, obwohl die meisten Menschen heute zweifellos das letztere annehmen [„eine angenehme Empfindung,
die man rein zufällig erfährt, etwas, was einem sozusagen ´in den Schoß fällt`, wenn man Glück hat“].“ (E. Fromm, Die Kunst des Liebens, 2003:11) Ich sehe eine bewusste
Auseinandersetzung mit dem Thema – ohne Kitsch und romantische Verklärtheit – als einen grundlegenden Baustein, durch den wir uns unserer Persönlichkeit annähern können. Und natürlich gehört
letztendlich in der romantischen Liebe, z.B. zwischen zwei Menschen, immer noch dieser besondere Funke dazu, der trotz allem in den Schoß fallen können muss.
Auf lange Sicht jedoch will die Kunst der Liebe gehegt und gepflegt werden – im Außen wie im Innen. Denn „[w]orauf es ankommt, ist der Glaube an die eigene Liebe, der Glaube an die Fähigkeit der
eigenen Liebe, bei anderen Liebe hervorzurufen, und der Glaube an ihre Verläßlichkeit.“ (Fromm, 2003:140f.)
Heute möchte ich hier also ein paar Gedanken und Übungen zur Bedeutung und Kunst der Selbstliebe teilen.
Liebe bedeutet Verbindung. Und „Liebe zu meinem Selbst ist untrennbar mit der Liebe zu allen anderen Wesen verbunden.“ (Fromm, 2003:72f.)
In Form der Selbstliebe komme ich in Verbindung mit mir selbst, in Verbindung zu meinen Gefühlen und Emotionen, in Verbindung zu dem was mich erfüllt, langweilt, kalt lässt oder abstößt. In dieser Verbindung und Intimität mit mir selbst finde ich einen Bezugspunkt, der mich in meinem Tun und Sein leitet. „Die Bejahung des eigenen Lebens, des eigenen Glücks und Wachstums und der eigenen Freiheit ist in der Liebesfähigkeit eines jeden verwurzelt, das heißt in seiner Fürsorge, seiner Achtung, seinem Verantwortungsgefühl und seiner „Erkenntnis“ (Fromm, 2003:74) sich selbst gegenüber. Das heißt ich muss lernen mich zu öffnen und zu fühlen.
Und das ist gar nicht unbedingt so einfach, wie es sich anhört. Um durchlässig und „weich“ zu werden und zu bleiben, damit ich überhaupt ins Spüren kommen kann, gilt es meinen „Schutzpanzer“ abzulegen. In einigen Situationen ist dieser Schutzpanzer hilfreich und schützt mich, doch beim Dauertragen schirmt er mich von meiner Fähigkeit zu fühlen ab – und dann habe ich das Gefühl nicht mehr zu wissen, was ich will oder wie es mir gerade wirklich geht.
Um Durchlässigkeit zu üben, kann folgende Übung helfen:
Praktische Übung: Gefühle fühlen lernen (Link zur Audio-Datei bei Soundcloud)
Hindernisse auf dem Weg zu mehr Mitgefühl
Es kann auch Hindernisse geben, die unserer Selbstliebe und Selbstfürsorge im Wege stehen – zum Beispiel die Angst. Schließlich ist Angst das genaue Gegenteil von Liebe – sie macht uns eng und
starr statt weit, frei und lebendig. Meiner Erfahrung nach können diese Barrieren oft mit der nötigen Portion Geduld und Achtsamkeit Stück für Stück mit der oben genannten Übung erforscht werden
können. In diesem Auszug aus dem E-Book Mitgefühl. In Alltag und Forschung, werden folgende Angst-Blockaden aufgeführt:
„Jedes Mitgefühlstraining kann von einer Beschäftigung mit den Ängsten vor Mitgefühl profitieren. Die Ängste vor Mitgefühl beziehen sich auf drei wesentliche Bereiche:
1. Angst vor der Öffnung gegenüber dem Mitgefühl anderer aufgrund der Angst vor Nähe, ihrer Unzuverlässigkeit, Scham oder einem Überwältigtsein von der Trauer um das Ende der Einsamkeit
2. Angst, mitfühlend mit sich selbst zu sein, weil man es nicht verdient, wegen der Überzeugung, dass Kritik für den eigenen Erfolg nötig ist, und aufgrund von Gefühlen des Selbsthasses und der
Scham für die eigenen inneren Fantasien oder das eigene Seelenleben
3. Angst davor, mitfühlend mit anderen zu sein, weil sie es nicht verdienen und weil es einen schwächt und ausnutzbar macht.
Ein Mitgefühlstraining kann also Menschen dabei unterstützen, solche Prozesse zu erkennen, zu normalisieren und zu bewältigen. “
(Tania Singer, Matthias Bolz, Mitgefühl. In Alltag und Forschung, S. 81, free e-Book, http://www.compassion-training.org/?lang=de&page=about)
Sich selbst zu lieben ist also viel leichter gesagt als getan. Wie oft übergehen wir unsere eigenen Bedürfnisse, weil wir sie gar nicht wahrnehmen? Wie oft wissen wir gar nicht so genau, was uns
- im Wesenskern - gerade wirklich guttun würde und lenken uns dabei mit dem Blick ins Außen ab?
Das herauszufinden bedeutet für sehr kopflastige oder gefühlsscheue Menschen – und dazu zähle ich mich oftmals auch – viel Arbeit zu Lauschen, inne zu halten und immer wieder mit sich selbst in Verbindung zu gehen. Es geht darum innere Glaubenssätze zu entdecken, sie sich ohne Bewertung anzuschauen und ihnen durch das achtsame und wohlwollende Betrachten, auch der damit verbundenen Handlungsmuster und somatischen Marker, eine Ent-Wicklung oder Transformation zuzugestehen. (Mit einer Ent-Wicklung meine ich eine eine Art „Entwirrung“, vielleicht wie ein Wollknäuel, bei dem man gar nicht mehr weiß, wo der Anfang und das Ende sind. Erst durch die achtsame und geduldige Beschäftigung mit dem Faden entwirrt und ent-wickelt sich das Knäuel.)
Um diese wohlwollende Haltung uns selbst gegenüber zu schulen, gibt es eine andere wunderbare Übung – die Metta-Meditation (Metta = liebevolle Aufmerksamkeit/Herzenswärme). Hier nähren wir unser Wohlwollen und unsere innere Güte – zunächst uns selbst gegenüber.
Wie oft erinnere ich mich täglich an Situationen, in denen ich kein Mitgefühl für mich aufbringen konnte, sondern mich stattdessen geärgert, manipuliert, abgewertet, bestraft oder zurückgehalten
habe? Ich denke, ich gehöre nicht zur absoluten Minderheit, wenn ich mich fast täglich an Situationen erinnern kann, in denen mich ein Gefühl des mal größeren und mal kleineren Versagens
begleitet hat. Es ist doch absurd, dass es mir dann wiederum sehr schwer fällt, mir täglich zumindest eine Situation vor Augen zu führen, in der ich stolz auf mich war, weil ich mich so verhalten
habe, wie ich es mir wünsche. Da fehlt ganz offensichtlich... ein bisschen (La)Metta! ;)
Praktische Übung für mehr (La)Metta: Metta Meditation (Link zur Audio-Datei bei Soundcloud)
Lieben ist eine Kunst, die bewusst kultiviert werden möchte
Selbstliebe und Mitgefühl zu trainieren heißt schließlich den Mut zu haben, sich selbst zu Erkennen und zu Lieben mit allen Ecken und Kanten. Darin finden wir den Mut, alleine mit uns zu sein,
ohne uns dabei einsam zu fühlen. Und das ist ein wesentlicher Schritt dazu, einen anderen Menschen, ebenfalls mit all seinen Ecken und Kanten zu betrachten und zu lieben, ohne dabei in eine
Abhängigkeit zu rutschen.
Das bedeutet viel achtsame Arbeit, in der wir immer wieder die Verbindung zu uns selbst finden und kultivieren, um letztendlich im Kontakt mit anderen sein zu können, ohne unsere eigenen Grenzen
zu verlieren oder zu verletzen. - Dafür müssen wir natürlich auch unsere Grenzen erst einmal kennen lernen. Aber dazu dann in einem anderen Beitrag mehr…
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